Sand & Spice
A beginning is a very delicate time. (...) In this time, the most precious substance in the universe is the spice Melange. The spice extends life. The spice expands consciousness. The spice is vital to space travel. (...) Oh, yes. I forgot to tell you. The spice exists on only one planet in the entire universe.
Es ist verlockend, dieses Fragment mit kleinen Hinweisen zu spicken. Für jemanden mit einem gewissen Hang zur ScienceFiction sind gewisse Begriffe und Bilder einfach untrennbar miteinander verbunden, Spice ist einer von jenen, die unweigerlich meine Gedanken mitreißen. Diesmal speziell in die endlosen Dünen Arrakis'. Wenn einem dann auf der Insel der allgegenwärtige Duft von Spice Coffee entgegenweht, lässt das die Gedanken gleich noch motivierter springen. Ein kleiner Abgleich des Intros mit typisch wienerischer Lingo sollte genügen, um das nachvollziehen zu können. Zu guter Letzt wird dann noch die musikalische Gedankenbrücke "Afrika" – "Toto" – "Dune" überquert – voila. Welcome to the Spice Planet.
Sansibar sollte meine erste größere Safari in Tansania werden. Nicht gezielt ausgesucht, aber es hat sich so ergeben: Ostern, ein langes Wochenende. Expats, die Ifakara wieder einmal den Rücken kehren wollten. Also: eine Safari in einen der Parks, in eine der Städte, wer würde mitkommen, wer hat Zeit und/oder Lust? In alter Tradition schlug dann das inzwischen altbekannte Phänomen der Regenzeit zu, zog einen Schlussstrich unter die Pläne zum Camping im Selous, ließ andere Pläne aktuell werden. Ein Reisender nach dem anderen fiel aus – bis schließlich feststand, dass es mich mit Manuel nach Sansibar verschlagen würde. Mit dem Bus hin, irgendwie auf die Insel, irgendwo wohnen, irgendwann zurück. Freitag-Dienstag/Mittwoch. Easy.
Über die Straße von Ifakara nach Dar gibt es an dieser Stelle nicht viel zu sagen – außer, dass sie durch den Mikumi-Nationalpark führt. Bei meiner ersten Fahrt hierher, im Zug, war es Nacht, von Tieren also weit und breit nichts zu sehen. Diesmal sollte es anders sein. Selbst wenn ein Bus hier üblicherweise nicht stoppt, weil Großtiere jenseits des Straßengraben warten – ein schöner Anblick ist es trotzdem. Manuel hatte leider die Worte "in den Park einfahren" verwendet – und auch das hat, gerade in Verbindung mit der Vorstellung von großen (Raub)Tieren, wieder ein Bild provoziert. Vielleicht ist es nach zwei Monaten langsam einsetzender Multimedia-Entzug. Wie dem auch sei: man mag von Steven Spielberg halten, was man will – seine Inszenierung des Tores im ersten Jurassic Park bleibt den meisten Zusehern in deutlicher Erinnerung. Filmgeprägt und multimedial unterversorgt sitzt man also im vier Stunden verspäteten Reisebus und wartet darauf, dass ein hoher Zaun und ein halbwegs dekorativ-beeindruckendes Tor auftaucht, um den Beginn des Parkes zu markieren. Programmgemäß fängt es an zu regnen, das Wasserglas ist gefüllt, die Spannung steigt – und entlädt sich in einem verwirrten Blinzeln, als sich das Tor als freundliches Schild mit einer Begrüßung und zwei runden, rot-weißen Schildern mit Geschwindigkeitsangaben entpuppt. Man kann einen Nationalpark anscheinend ganz ohne Zaun anlegen. Die Tiere scheinen auch so zu wissen, dass sie besser in den inneren Regionen bleiben sollten. Ein paar Elefanten, Giraffen und Antilopen später klingt die Enttäuschung langsam ab.
Die anfängliche Verspätung schleppen wir konsequent bis nach Dar mit, den ursprünglich angepeilten, letzten Flug nach Sansibar erwischen wir daher natürlich nicht. Das Taxi wird in Richtung Swiss Garden Hotel umdirigiert, nicht die günstigste Lösung – aber nach all den Erzählungen der eidgenössischen Expats will ich das ominöse Refugium doch einmal mit eigenen Augen sehen. Tatsächlich, die Begrüßung erfolgt auf Schweizerdeutsch. Am nächsten Morgen geht dann der Flug, wir sitzen nach einigen Verhandlungen zu dritt im Flugzeug, Pilot inbegriffen. Privatflug mit Coastal Aviation, für je gut 30€ (quasi Resident-Tarif). Kurz über türkises Meer, aus dem kleinen Inselflughafen hinaus direkt nach Stonetown, dank orts- und sprachkundiger Begleitung alles hamna shida. Das Taxi bringt uns zum Dive Center, von dort aus lässt sich ein Hotel im Nordosten buchen, auf den ersten Blick für 90tsd/Doppelzimmer nicht wirklich billig, dafür allerdings mit Halbpension und kostenlosem Transport. Gerade bei einem kurzen Aufenthalt schlagen sich 50tsd für ein Taxi recht deutlich auf das Budget. Am Matemwe Beach krallen sich meine Zehen dann nach dem Aussteigen zuerst einmal vorsichtig in den weißen, warmen Sand. Während das weiße Pulver angenehm über meine Füße rieselt, fällt mein Blick auf das Schild am Parkplatz: "No shoes, no news!".
Ein paar Minuten später halte ich schon ein Begrüßungsglas mit frischem Orangensaft in der Hand, nach und nach wandern meine Gedanken aus dem mentalen Alltagssichtfeld. Sich kurz unter einem Palmwedel durchducken, plötzlich aufs Meer hinaussehen, im Anblick der Lagune versinken, trotz Ebbe. Die Chillout-Zone austesten, anderen, zufällig anwesenden Expats vorgestellt werden. Sich über die kleine Welt wundern und ihr dabei zusehen, wie sie innerhalb von Stunden auf die Größe einer kleinen Bungalow-Anlage am Nordostende Sansibars schrumpft, Erlebnisse zu kurzen Momenten werden lässt. Fragmentierte, langsame Zeit.
Sonnen, schlafen, schwimmen. Systematisch das Grillbuffet plündern, zuerst mit der Entscheidung zwischen Hummer, Red Snapper und richtigem Fleisch hadern, um dann doch alles zu essen.
Frühmorgends am Strand den Sonnenaufgang verfolgen, über den Kalksand wandern, sich zum Frühstück durch allerlei Gegrilltes, Obst und Kuchen wühlen.
Einem Biologen dabei zuschauen, wie er einem frisch gestorbenen Seeigel mit einem spitzen Stock zu Leibe rückt, die Laterne freilegt. Ihn dabei fotografieren, wie er eine Einsiedlerkrabbe zum Posieren motiviert. Testweise an einer Kokospalme hochklettern.
Mehr Wasser genießen, darin wandern, mit dem Auslegerkanu durch die Lagune segeln, Schlaf nachholen, Schreiben. Einen Schnorchelausflug mitmachen. Ins Wasser springen, nach unten schauen, nach oben schauen, wegen Koordinationsproblemen Meerwasser schlucken, schließlich wieder an Flossen, Maske, Schnorchel und Druckausgleich gewöhnen. Schwärmen hinterhertauchen, einzelnen Fische unauffällig folgen. Die Lichtstrahlen bewundern, wenn sie am Korallenriff vorbei in der Tiefe verschwinden. Einfach im Wasser liegen, einen Fisch dumm anglotzen, weil er das gleiche macht. Nemo mit der Hand verscheuchen. Korallen beim Fressen zusehen. Manuel einen Fisch mit den Worten: "so ein kleiner bunter, gestreifter..." beschreiben, ausgelacht werden. Sich ärgern, weil die Unterwasserkamera nicht rechtzeitig bei der Tauchschule angekommen ist – aber nur kurz. Beschließen, dass ein Tauchkurs eine gute Idee wäre.
In Stonetown durch die Souvenirshops pilgern, sich mit lokaler Mode, Memorabilia und Gewürzen eindecken. Zimt und Muskatnüsse gleich kiloweise, Nelken, Anis und Vanille in kleineren Portionen. Rechtzeitig zum Sonnenuntergang auf der einzig wahren Terasse sitzen, zusammen mit den anderen Touristen. Auf der Speisekarte nach exotischen Gerichten fahnden, die man sonst nicht bekommt – Pizza, zum Beispiel. Etwas später überglücklich an einem trocken Randstück herumkauen, müde ins Bett fallen.
Am Flughafen in Dar ein Paket aus der Umklammerung der Bürokratie befreien, mit Expats zu Abend essen, nochmals im Swiss Garden nächtigen, von dort ins Landesinnere gebracht werden, praktischerweise ist ein Jeep des Centers unterwegs. Langsam wieder zurück zur alten Form finden, mit spitzfindigen Fragen demonstrieren, dass man die Urlaubs-"Hamna Shida"-Mentalität langsam wieder ablegt: warum es in Ordnung sei, das Zuckerrohr vor dem Essen mit den Zähnen zu schälen, wenn man doch sonst nicht einmal gewaschenes Obst essen soll. "Die Dinger lagen doch auch im Dreck neben der Strasse, nicht?" Ein Schulterzucken registrieren, danach weiter an den Fasern nuckeln. Wie alle anderen auch.
1 Comments:
good Job!: )
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