open fragments

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17.6.06

I didn't get the...

Wie oft bin ich in den letzten Wochen aus einem Flugzeug getreten, habe den freundlichen Hinweis "mind the step" befolgt und bin durch die immer gleichen Tunnel in immer anderen Terminals gelandet? In Amsterdam, in New Amsterdam – pardon - New York, in Detroit, in Nashville, in Mineapolis, in Amsterdam, in Nairobi – aber nur die Mauer aus feuchtwarmer Luft, die sich in Dar außerhalb des Boing-Mikroklimas aufbaute, ließ mich unbewusst innehalten. Zuerst, weil ich beim ersten Einatmen etwas überrascht war, Momente später dann wegen eines Deja vues: der gleiche Rucksack, das gleiche Gate, nur gut drei Monate früher.
Die Rückreise hätte sich eigentlich fast keinen eigenen Eintrag verdient, irgendwann schleicht sich Routine in die Abläufe ein. Man vergisst beim Metalldetektor nichts mehr (Gürtel, Geldtasche, Handy, Passtasche, Armbanduhr), nimmt den Laptop schon ungefragt aus dem Rucksack, verschläft dann den Start und erkennt langsam Unterschiede zwischen den Mahlzeiten von KLM, Northwest, Kenya - und British Airways. Kleine Unregelmäßigkeiten im Ablauf nimmt man zur Kenntnis ("I didn't get your boarding pass from Nairobi to Dar, you'll probably have to check in again. But your luggage is checked through to Dar."), denkt aber nicht weiter darüber nach.
Etwa achtzehn Flugstunden und acht Zeitzonen später steht man dann spätabends etwas irritiert vor einer Anzeigetafel, die verdächtigerweise keinen Flug nach Dar anzeigt. Es ist 20:00 abends, nach einer Drittelweltreise sind wir noch 1,5 Flugstunden von Dar entfernt: Welcome to Nairobi Airport.

Nach kurzem Herumirren in der Transit Lounge findet sich der Transfer Desk der Kenyan Airways – und ein Angestellter, der ähnlich verwirrt auf seinen Monitor starrt wie wir vor einer halben Stunde. Mein E-Ticket zerfällt nach zehn Tagen regelmäßigem Ein- und Auspacken langsam, die wesentlichen Informationen lassen sich zum Glück aber immer noch herauslesen. Trotzdem: Nein, die Flugnummer gibt es nicht – und nein, heute gibt es keinen Flug nach Dar. Sorry.

Mit der Zeit wird das Problem langsam in seine Einzelteile zerlegt: der gebuchte Flug existiert tatsächlich, aber nicht im Juni/Juli. In diesen Monaten wird aus dem Freitagnacht- ein Samstagnachtflug, allerdings gab es einen Fehler im Buchungssystem. In den zwei Wochen seit der Buchung hat irgendwer die Unstimmigkeit tatsächlich entdeckt und uns umgebucht, brillianterweise auf den 17:00 Flug nach Dar. Mit einem kleinen Schönheitsfehler: der Flug aus Amsterdam landet erst gegen 19:30. Der erste Flug um 7:20 am nächsten Tag ist ausgebucht, der Mittagsflug ebenso – bleibt nur noch der 17:00 Termin. Ein ganzer Tag in Nairobi. Mir wird zu dem Zeitpunkt klar, dass ich eigentlich kein Visum für Kenya habe – was sich aber zum Glück für einige Dollar beheben lässt. Inzwischen sickert dann auch die Erkenntnis durch, dass unser Gepäck vermutlich auch irgendwo hängengeblieben ist, die Suche startet. Dass es etwa eine Stunde und einige Telefonate dauert, bis mein Rucksack und Fredros Tasche am Förderband landen, hat auch seine Vorteile: inzwischen ist ein höherer Manager aufgetaucht und bucht uns doch auf den Morgenflug um (ich will gar nicht wissen, wessen Plätze wir übernommen haben). Ein kurzer Anruf bei meinem Chef sorgt dafür, dass die Arrangements in Dar abgesagt werden –sowohl Taxi als auch das Hotel.
Als ich eine Etage tiefer meinen Rucksack aus der verdächtig dreckigen Übertasch schäle, fällt mir ein kleines Kärtchen entgegen – in den USA haben sie es für notwendig erachtet, meinen Rucksack zu öffnen. Höflich wird mir mitgeteilt, dass auch eventuelle Schlösser kein Hindernis gewesen wären – die hätten sie aufgebrochen. Eventuell gefährlicher oder sonstwie verdächtiger Inhalt wäre entfernt worden.
Gut, zugegebenermaßen: ich habe aufladbare Batterien gekauft, die man gerüchteweise nicht im Fluggepäck transportieren sollte – wohlwissen habe ich die dann aber so eingepackt, dass sie übermäßig sensiblen Sicherheitsleuten beim Öffnen der Tasche gleich entgegen fallen, ohne dass sie sich erst durch meine Schmutzwäsche wühlen müssen. Allerdings sind die Batterien noch da, genauso wie meine dreckigen Socken und (auf den ersten Blick) alles andere.


Nach dieser kurzen Bestandsaufnahme wandert der Blick wieder nach vorne: ich kann mir weniger beunruhigende Plätze als Nairobi vorstellen, um wieder afrikanischen Boden zu betreten, zu viele Geschichten sind mir schon zu Ohren gekommen. Einiges ist vermutlich übertrieben ("Mad Max Country, just like in Mad Max"), die Kriminalitätsrate ist aber wirklich relativ hoch– das "Touristen im Taxi ausrauben"-Spielchen scheint momentan überaus populär zu sein. Entsprechend misstrauisch beäuge ich die Versuche meines Reisepartners ein Taxi und ein Hotel zu buchen, beides geschieht bei einem netten Herrn im Anzug, in einer Bar gegenüber vom Flughafen. Unser "Agent".

Einige Minuten später haben wir dann ein Zimmer im Meridian sowie ein Taxi gebucht, das uns erst dorthin bringt und am nächsten Tag um 5:00 wieder abholen wird. Erster Vertrauenstest: der Agent taucht nach fünf Minuten tatsächlich mit dem Wechselgeld auf, auch das Taxi (weißes Auto ohne spezielle Markierungen? - hmm...) findet sich etwas später ein. Das Merdidian entpuppt sich als annehmbares Hotel – eher abweisende Lobby, ein sehr abweisender Innenhof, aber saubere und brauchbar eingerichtete Zimmer.
Gut vier Stunden später steht das Taxi schon wieder parat – und diesmal klappt alles wie am Schnürchen. Selbst mein nagelneues Residence Permit für Tansania wird ohne größere Diskussionen akzeptiert, ich brauche kein Visum mehr, etwas später heißt mich mein Chef wieder im Land willkommen.
Zeit für eine Dusche.

2 Comments:

Anonymous Anonymous said...

Dem fahrenden Wissenschaftler, mit etwas Verspätung nachgereicht:

"Bekanntlich gibt es heutzutage zweierlei Wissenschaftler: ortsfeste und fahrende. Die ortsfesten forschen wie eh und je, die fahrenden aber besuchen alle erdenklichen internationalen Konferenzen und Kongresse. Der Wissenschaftler dieser zweiten Gruppe ist leicht zu erkennen: am Rockaufschlag trägt er stets eine kleine Visitenkarte mit dem Namen und dem akademischen Grad, in der Tasche aber die Zeitpläne der Fluglinien. Er selbst verwendet nur Gürtel ohne Metallschnalle, und auch seine Mappe hat ein Schnappschloss aus Kunststoff, alles nur, um nicht grundlos die Alarmsirene des Geräts auszulösen, das auf dem Flughafen die Reisenden durchleuchtet und Hieb- und Stichwaffen auffindet. Die Fachliteratur studiert ein solcher Wissenschaftler in den Bussen der Fluglinien und und in Wartesälen, Flugzeugen und Hotelbuffets."
(...)
"Auch wissenschaftliche Konferenzen leiden heute unter der Bevölkerungsexplosion. Da die Anzahl der Futurologen mit gleicher Steigerung anwächst wie die ganze Menschheit, herrschen bei Kongressen Hast und Gedränge. Die Referate können nicht vorgetragen werden, jeder muss sie sich im Vorraus zu Gemüte führen."

Stanislaw Lem - Der futurologische Kongress

(am liebsten würd ich ja das halbe Buch abschreiben ;))

21/6/06 02:26  
Blogger fechter said...

... du könntest, soweit es mich betrifft, das ganze buch abschreiben, so lange du die letzten 20 seiten (+/-) weglässt, die waren enttäuschend . danke für die erinnerung. sehr passend dazu wäre auch "schnitzeljagd". :)

cheers,
fechter

23/6/06 16:37  

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