Kleine Farbenlehre: gelb-grün
Jetzt gibt es erst einmal eine Rückkehr ins Unbekannte: vor Monaten war ich schon einmal im Ngorongoro National Park, damals noch in der Regenzeit, diesmal mitten in der trockenen Saison. Bei den Recherchen ist mir gerade aufgefallen,dass ich damals zwar vollmundig einige Beiträge zum Northern Circuit versprochen habe, es in der ganzen USA-Hektik dann aber unterlassen habe, etwas Derartiges zu produzieren. Einzig das kleine Safari-Swahili kam zu Stande (und lockt immer wieder Googlegäste an). Macht nichts, auch darauf lässt sich aufbauen.
Beim zweiten Mal war die Fahrt von Arusha zur NCA, Ngorongoro Conservation Area, schon ein vertrauter Weg. Die große Kreuzung, die luxuriöse Straße, die so überhaupt nicht nach Tanzania passt, der schnurgerade, aber sanft geschwungene Verlauf über die kleinen Hügel. Der erste Anstieg auf das Plateau, mit Blick zurück auf Lake Manyara, die vertraut grüne Hochebene. Einchecken am Gate, der zweite Anstieg, bei deutlich schlechteren Straßenverhältnissen. Im Mai war vor lauter Nebel und Regen nichts zu sehen, diesmal sind es die Staubwolken, die einem die Sicht nehmen. Spätnachmittag, Ankunft am Crater Rim, weiter zur Simba Campsite. Nach all den kleinen Déjà-vus folgt nach dem Aussteigen ein erstes, verwirrtes Blinzeln: war der Talkessel beim letzten Mal nicht deutlich grüner? Beruhigendes Detail: zumindest die helle Fläche des Sees glänzt in der abendlichen Sonne.
Die nächtlichen Tiergeschichten werde ich im nächsten Eintrag behandeln, ebenso die klimatischen Widrigkeiten. Für den Moment springen wir zum nächsten Morgen: Bei Sonnenaufgang stehen wir schon in der kurzem Schlange beim Start der Descent Route, bewundern in alle Stille das Spiel der Jakobsleitern über der gelben Ebene. Tatsächlich, gelb. Kein Hauch von Grün, nur Gelb. Als die ersten Maasai angelaufen kommen, machen wir uns auf den Weg nach unten, wieder nur von Staubwolken begleitet – keine Sturzbäche diesmal.
In den nächsten sechs Stunden bin ich immer wieder fassungslos – wo beim letzten Mal löwenfarbige Löwen durch sattgrüne Wiesen schlichen, rascheln diesmal noch immer löwenfarbige Löwen durch jetzt goldgelbes Stroh. Wo kürzlich rosa Flamingos über einer glitzernden Wasserfläche geschwebt sind, ziehen jetzt Windhosen über eine ausgetrocknete Senke, während sich nur wenige Tiere langsam an das Wasser heranpirschen. Flamingos? Kann man an einer Hand abzählen. Was von oben noch wie spiegelndes Wasser gewirkt hat, ist in Wahrheit verkrustetes Salz – trostlos.
Die übliche Runde durch den Krater ermöglicht es einem, weite Teile der Tour abseits der staubigen Bereiche zu verbringen, dort, wo die großen Gnu- und Zebraherden ihre Kreise ziehen, von Löwen und Hyänen umringt. Irgendwann geht es dann aber doch in den speziellen Bereich rund um den, nunja, See. Kleine Staubtümpel explodieren geradezu, wenn der Jeep durchfährt, bei Rückenwind erreicht das feine Pulver innerhalb von Sekunden das Fahrzeug – sowohl außen, als auch innen. Mit der Zeit lagert sich überall eine dünne Schicht ab, nur mit Mühe bleibt die Kamera halbwegs sauber. Alles andere – Hände, Gesicht, Taschen, Kleidung – kann man vorläufig nur ignorieren, bei jeder Bewegung löst sich ein kleines Wölkchen. Im Kern der Staubwolke fühlt man sich wie in dichtem Herbstnebel: die Sicht ist minimal, die Tiere werden in geisterhafte Schemen verwandelt.
Ich bemitleide die europäischen Sommertouristen etwas, die den Krater nur in dieser Form erleben. Keine Frage, selbst jetzt quillt hier alles vor Tieren geradezu über - aber diese frische, lebendige Natur aus der Regenzeit ist verschwunden. Es wirkt jetzt, nunja, afrikanischer. Oder anders gesagt: es wirkt so, wie man es als Europäer erwarten würde. Trocken, staubig: grausame Natur.
1 Comments:
man beachte die staubwolke - auf dem letzten bild im linken drittel ist sie sehr gut zu erkennen.
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