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30.6.06

Zum Vierterl

„Wenn wir hier nicht gewinnen, dann treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt“

Ex-Nationalspieler Rolf Rüssmann
Blöd nur, wenn es der eigene Rasen ist. Alles Gute nach Berlin.

29.6.06

Der Kümmelonkel und seine Verwandtschaft

Von Zeit zu Zeit landen Buchstaben an Stellen, an denen sie nichts verloren haben - oder sie verschwinden aus Wörtern, unentschuldigterweise. Natürlich freut man sich dann, wenn darauf hingewiesen wird und die kleinen Missgeschicke ausbessern werden können. Falls daraufhin leichter Ärger aufkommen sollte, lässt sich damit leichter umgehen, wenn man sich in illustrer Gesellschaft weiß. Das Wort "gut" als linker Nachbar von "Gesellschaft" habe ich mir verkniffen - nichts gegen die Welt oder die TAZ, aber die "BILD" verdient diese Bezeichnung wirklich nicht.
Wenn man sich dann anschaut, wie man das Wort richtig schreibt - Überraschung - "Dilettant", findet man so allerlei nützliche Informationen. Nicht alles ist sachdienlich, aber meist ist zumindest ein gewisser Unterhaltungswert vorhanden. So findet man zum Beispiel die Information, dass als Kollokationen oft die Wörter "Landesgerichtsrat" oder auch "Viva-Moderator" und "Comedy-Street" auftauchen. Interessant - aber auch Personalchefs und Regisseure scheinen in den analysierten Schriftstücken oft nicht allzugut wegzukommen. Aber halt - Dilettant wurde ja erst in der Neuzeit eher negativ besetzt, vielleicht finden wir unter den zahlreichen Synonymen - Achtung, Luft holen: Analphabet, Banause, Besserwisser, Kurpfuscher, Laie, Nichtfachmann, Nichtskönner, Nichtswisser, Pfuscher, Quacksalber, Stümper noch eine positive Note. Nunja, wohl eher nicht. Wahrscheinlich hätte schon die Einordnung in die Dornseiff-Bedeutungsgruppe 9.51 einen Hinweis darauf geben sollen. Dort findet sich, neben dem Dilettant, eine Reihe von Typen, die man besser nicht als Handwerker anstellen sollte: Anfänger, Dilettant, Grünschnabel, Laie, Landpomeranze, Nichtskönner, Pechvogel, Schmierer, Schuster, Simpel, Stümper, blutiger Anfänger. Was sie gemeinsam haben? Sie sind allesamt "ungeschickt".
Und was sagt uns das jetzt über das erstaunlich häufige Auftreten von "Ed Wood" in der Nähe des Wortes Dilettant? Nichts Gutes, genau - er ist vermutlich auch der Grund für die Quervernetzung mit dem Filmbusiness. Moment - wer ist eigentlich Ed Wood? Das wäre der Typ, der für Plan 9 from 'Outer' 'Space' verantwortlich zeichnete - und damit ist dann auch erklärt, warum ich aus einem Tippfehler überhaupt einen Blogeintrag gebastelt habe. Wenn man mit der Nase schon so deutlich auf die allgemeine Vernetzung von allem mit allem gestoßen wird... Um jetzt noch einmal im digitalen Sprachbaukasten aus Leipzig zu kramern: aus den erwähnten Wörtern lässt sich leicht eine - wenige nette - Beschreibung basteln : der 'schlechteste' 'Regisseur', der vermutlich auch die 'schlechtesten' 'Filme' gedreht hat, die jemals im 'Kino' gelaufen sind. 'Trash' eben. Der Arme - wie fühlt es sich wohl an, wenn man quasi als Synonym für einen Dilettanten herhalten muss? Am Rande: ich mochte Plan 9.
Mein Beileid geht an dieser Stelle auch an Simon Gosejohann, der in der deutschen Presse scheinbar ebenfalls nicht sehr gut weggekommen ist - weder in der 'comedy-street' noch als 'Viva-Moderator'. Sorry.
Was lernen wir daraus? Nicht viel - aber eine Kleinigkeit kann man doch mitnehmen: nur weil die Dilletante schon mehrmals Herrn Google vorgestellt wurde, heißt das noch lange nicht, dass es auch den Kümmelonkel gibt. Da hätte die Rationalitätspolizei einmal einschreiten sollen - auch wenn sie bisher nur von der Zeit (und jetzt von mir) online erwähnt wurde.

28.6.06

Karrierechancen

Es stimmt schon, in den letzten Monaten habe ich einige ungewöhnliche Dinge gemacht - heute war aber mal wieder ein Extremfall. Jeder Beruf hat seine typischen Werkzeuge - auf mich umgelegt könnte man sagen, dass ich mein Zunftwappen in letzter Zeit oft neu besticken musste. Von der gekreuzten Eppendorf-Pipette ging es zu Zirkel, Lineal und Millimeterpapier, dann zu PC, Statistiksoftware und Literaturdatenbanken, darüber hing immer, um einen metaphorischen eyecatcher zu verwenden, ein Schmetterlingsnetz. Heute müsste ich mir ein guu mbuzi (formell: msaha) anheften, vielleicht auch noch eine schwarze Maske. Auf gut Schweizerdeutsch: ein Ziegenfuss, im Englischen wäre es a crowbar - im Österreichischen ein Brecheisen.
Der Plan war einfach: Zuerst quer über das ganze Gelände zum workshop marschieren, kurz den Leuten klarmachen, was ich will, danach dann möglichst unauffällig (crowbar-swinging?) wieder zurück zum office. Sich einen Schlüssel beim Askari holen, die Tür zum fremden Arbeitsraum aufsperren, öffnen und nach dem Eintreten sorgfältig wieder verschließen. Den Blick kurz über die Möbel schweifen lassen, über die Papierstapel, die leeren Arbeitsplätze, schließlich die Schubladen genauer ins Auge fassen.
Nachdem sie sich allen bisherigen Öffnungs- und Durchsuchungsversuchen hartnäckig widersetzt haben, war es Zeit für drastischere Maßnahmen. Ein Schloss sollte normal kein Hindernis sein.
Mit einem leisen thump schiebt sich der Ziegenfuss langsam in den Spalt zwischen Schublade und dem widerspenstigen Sperrbalken, das nachfolgende Quietschen hängt erst selbstzufrieden im Raum, wird lauter und verlässt ihn schließlich zusammen mit dem protestierenden Kreischen von gequältem Metall. Danach ist es fast geschafft - mit einem etwas lauteren Krachen schwingt das Brett auf die Seite, gibt den Blick auf das frei, was einmal ein Schloss gewesen ist. Als der Widerstand plötzlich schwindet, mache ich das, was man in solchen Situationen immer macht, wenn man dem Klischee folgen will: ich falle nach hinten. Allerdings nur fast - ein schneller Griff nach meinem Opfer verhindert das Schlimmst.
Die erste Schublade lässt sich öffnen - leer. Großartiger Einstieg.
Die zweite Schublade lässt sich ebenfalls öffnen - ein Kugelschreiber, ausgetrocknet. Noch besser.
Die dritte Schublade klemmt. Etwas mehr Krafteinsatz, plötzlich klemmt nichts mehr - das Fettnäpfchen hat also nur ein paar Sekunden auf mich gewartet. Meine dilettantische Vorstellung eines Experten in Sachen Eigentumstransfers wird also doch noch durch den Paradefehler vervollständigt: ich falle polternderweise gegen den Mistkübel hinter mir. Dass in der Schublade, die vor mir auf dem Betonboden liegt, gähnende Leere herrscht, ist eigentlich nur noch das Sahnehäubchen der ganzen Aktion. Oder auch schon die Kirsche.
Als ich mit kurzem Links-Rechts-Blick wieder blinzelnd ins Licht trete, folgen mir einige Augenpaare. Fragt sich nur, ob die jetzt auf mir oder auf dem Brecheisen ruhen? Kurz spitze ich die Lippen - aber mit etwas Anstrengung schaffe ich es, beim Weggehen nicht zu pfeifen. Geschafft.

27.6.06

aunti wapi?

du wirst das vermutlich erst lesen, wenn du schon zurück bist. ich hoffe du hast noch eine faszinierende, erträgliche & spannende reise hinter dich gebracht, der übervolle kühlschrank wird mich noch etwas länger an deinen besuch erinnern - danke dafür, dann noch für die gesellschaft - und bis bald. kwa heri, shangazi yango. :)

Eidgenössisches WM-Allerlei

Zwei Dinge muss man den Schweizern lassen:
- dass man ohne ein einziges Tor zu kassieren bis ins Achtelfinale kommen kann: beachtlich.
- dass man ohne ein einziges Tor zu kassieren aus dem Achtelfinale ausscheiden kann: tragikomisch.

Von Zeit zu Zeit schleichen sich, weitgehend unbemerkt, kleine Unstimmigkeiten in meine Texte - fremde Vokabeln, ungewohnte Phrasen. Das ist weniger den zahlreichen Waswahili geschuldet als vielmehr der Tatsache, dass es hier viele Schweizer hat. Entsprechend gut war die Stimmung hier während der Vorrundenspiele der Gruppe G - bis es die kleine Delegation aus den gesammelten Kantonen schließlich ins Achtelfinale geschafft hatte, von uns auf der großen Leinwand begleitet und mittels Toblerone gewürdigt. Ganz anders der gestrige Abend: ein Großteil der örtlichen Exilhelvetier war aus verschiedenen Gründen nicht in Ifakara. Als der Ball wieder einmal zu Rollen anfing, versammelten sich nur drei Expats mit den Locals vor dem nächstgelegenen Fernseher, ohne (waschechte) schweizerische Beteiligung. Dank einer weiß-bekreuzten roten Kerze wurde unser Tisch zumindest formell markiert und der Schein gewahrt. Vielleicht war es auch einfach kein gutes Omen - wenn man schon mit einer Trauerkerze auftaucht...
Am Ende der ersten Halbzeit war ich dann knapp davor, einzuschlafen,danach ging es rasch bergauf. Zu irgendeinem Zeitpunkt in der zweiten Hälfte erreichte das Spiel den Punkt, an dem es so trashig wurde, dass es schon wieder lustig war. Plan 9 from Outer Space auf der grünen Wiese, sozusagen. Gut, es gab keine umfallenden Kartongrabsteine und die Hauptdarsteller dürfen im Stadtion ab und zu ausgetauscht werden, ohne dass man sich als Zuschauer beschweren kann - aber abgesehen davon waren gewisse Parallelen zu erkennen. Je näher das Ende der regulären Spielzeit rückte, desto mehr Lästereien mussten die Mannschaften über sich ergehen lassen - von den grundlegenden "das Runde ins Eckige, irgendwo da hinten muss es sein" bis hin zu Witzeleien über die eingeblendeten Statistiken: "Offside: 0 - 1". Immerhin, wenn es zu einem (einzigen!) Abseits gereicht hat, muss zwischendurch einmal jemand den Ball Richtung Tor befördert haben. Die nächste Frage war dann naheliegend: wann zählt ein Spielzug eigentlich als "Torschuss"? Reicht die generelle Richtung, aka "schmale Seite des Feldes"? 10m rund um den Kasten? Und warum sind die Schweizer nur perfekt darin, die Geschwindigkeit völlig aus dem Spiel zu nehmen? Weil sie den Ball bekommen und dann erst einmal warten? Die Anspielung auf eine gewisse Stadt bleibe an dieser Stelle lieber unerwähnt.
Lachend ging der Fußballmarathon in die Verlängerung, bis es plötzlich dunkel wurde. Stromausfall. Als ein Angestellter des Lokals den Fernseher schon dieb- und vandalensicher verstauen wollte, blinkten die Neonröhren wieder auf, er musste unverrichteter Dinge wieder abziehen - wir freuten uns. Die meisten Locals hatten zu dem Zeitpunkt längst aufgegeben - und auch wir zogen beim nächsten Stromausfall schließlich ab, ohne das Ende zu erleben. Etwas später flatterte dann eine SM herein: kein einziges Tor für die Schweiz, drei für die Ukrainer. Naja.

Als sonstige WM-Begleitung kann ich dann noch dies und das empfehlen.

24.6.06

Bounce Back

Meine kleine Relink-Mania, nach einem ganz speziellen System geordnet - gut 20 Menschen sollte das System sehr bekannt vorkommen, etwa 200 weitere Menschen sind schon einmal damit in Kontakt gekommen. Kleiner Tipp: Nackt baden. Für alle anderen: ja, alle notwendigen Information sind in der folgenden Liste enthalten.

al-iksir
Jebi
3dcenter.de
Sperti
Eli
Molecularbiology.at
google.at
google.ch
google.com
google.de
google.fr
pcplayer.de
msn
Thwidra

23.6.06

Spielzeug

Es war nicht so, dass ich es langfristig geplant habe. Aber als mir klar wurde, dass der Launch und meine Anwesenheit in den USA quasi perfekt überlappen würden, war es eine einfache Entscheidung. Nach einer etwas längeren Suche, einigen negativen Bescheiden in dedizierten Verkaufsstellen von elektronischen Gadgets fand er sich schließlich in einem Walmart. Mein eigener DS Lite.
Witzigerweise erinnere ich mich noch an mein erstes Zusammentreffen mit einem Gameboy, vor über einem Jahrzehnt. Tetris, Super Mario World - und ein glühendes Gesicht nach stundenlangem Spielen. Lange hat es damals gedauert, bis ich den ersten eigenen Gameboy hatte - von MB erworben. Was jetzt über die Bildschirme flimmert, hat mit der damaligen Technik nicht mehr viel zu tun. Das Ding an sich ist leichter, handlicher - die Spiele dagegen bunter und der Ton abwechslungsreicher und klarer. Dass sich Spiele wie Metroid Prime Hunter tatsächlich mittels einer Handvoll Elektronik darstellen lassen würden, hätte ich damals wohl nicht geglaubt. Und dass ich nach zehn Jahren noch immer (oder schon wieder?) Tetris spielen würde - nein, wohl eher nicht. Wobei mich Tetris bisher am wenigsten fesseln kann, Brain Age ist dagegen immer wieder ein guter Grund, um einmal für ein paar Minuten nach dem neuen Spielzeug zu greifen und kleine Rechenaufgaben zu lösen. Oder Männchen zu zählen...
Mein kleines, persönliches Starterpackage besteht also aus Brain Age (yay, Sudoku for the electronic age!), Tetris, Metroid Prime Hunters (mein etwas verkniffen-verkrampfter Gesichtsausdruck im Flugzeug hat meinen Sitznachbarn ziemlich irritiert) und Advance War. Querbeet durch die Genres, leider hat sich kein interessantes Jump&Run mehr finden lassen. Anyway, wenn der Strom mal wieder für ein Wochenende ausfällt und ich bei Kerzenschein nicht mehr lesen will, habe ich jetzt Alternativen.

Himmel ohne Sterne

Manches Mal lohnt es sich, am Ende anzufangen – in diesem Fall am letzten Abend in den Staaten. In Nashville, als alle Verpflichtungen erfolgreich abgehakt waren. Nachdem mit jedem gesprochen und alle verabschiedet worden waren.
Entgegen allen Empfehlungen war ich nicht-motorisiert in die Stadt aufgebrochen, mit dem dekorativ-auffälligen Armeerucksack auf der Schulter. Nach einem wechselseitigen Lächeln an der Rezeption war ich verabschiedet, konnte durch die sonnendurchflutete Betonwüste streunen und mir das timeout nehmen, dass ich nach dieser Woche dringend nötig hatte: einfach einen halben Nachmittag alleine unterwegs sein.
Eine kurze Ewigkeit später überraschte mich dann die einbrechende Dunkelheit. Nachdem ich stundenlang eine überraschend menschenleere Kunstlandschaft durchquert hatte, blinkte vor mir plötzlich ein schwaches grünes Pünktchen auf. Ein kleines Irrlicht, das schwerelos aus dem gepflegten Rasen aufstieg, einen kurzen Schweif aus fahlgrünem Nichts hinter sich herzog – und schlagartig verblasste, bevor es die magische Schwelle am Horizont überstieg, jenseits derer es mit den prachtvoll funkelnden Lichtern der Großstadt konkurrieren müsste.

Aus den langen Gedankengängen gerissen, blinzelte ich – doch immer wieder sprangen sie an einer anderen Stelle aus dem Gras, vor dem langsam verblassenden Sonnenuntergang immer deutlicher sichtbar. Wirkte es anfangs noch so, als hätten mysteriöse Wiesenbewohner schließlich den ersten Schritt aus der Wiege gewagt und wären mit zahllosen Raketenstarts in kniehohe Umlaufbahnen ins space age übergetreten, verändern sich die Leuchtspuren mit der Zeit, nähern sich ballistischen Kurven an: Miniaturmeteore in Kniehöhe. Mit einem leisen Rascheln landet der Rucksack auf der noch warmen Erde, Sekunden später liege ich daneben, an einen der alten Baumstämme gelehnt – versunken in den Anblick vor mir.


Es ist ein seltsames Gefühl, wenn man als einer der weniger Fußgänger einer mehrspurigen Straße folgt. Bei mir stellt sich innerhalb von Minuten eine ganz bestimmte Stimmung ein, die mich vieles um mich herum nicht mehr wahrnehmen lässt, wie ein Filter, eine buffer zone rund um micht ein vertrautes Gefühl, auf das ich mich immer wieder verlassen kann, wenn ich alleine mit einem Rucksack losziehe. Der routinierte Trott wird nur von kurzen Sprints unterbrochen, wenn eine der querenden avenues erreicht ist, mit einem wachsamen Auge auf die zahlreichen anderen, beräderten Verkehrsteilnehmer. Der Blick fällt dabei immer wieder auf seltsame ungewohnte Anblicke – auf police officers auf schweren Motorrädern, beispielsweise. Wenn dann noch ein easy rider auf seiner Harley auftaucht, die Arme deutlich über Kopfhöhe, alleine die Gabel länger als gewisse japanische Kleinwagen, neben einem am Straßenrand anhält und mit einem lässigen Winken unzählige Lederstreifen zum Flattern und eben jenen officer neben sich zum Anhalten bringt, verlangsamt sich der Schritt unwillkürlich. Eine Wegbeschreibung zum Hard Rock Cafe?

Bin ich nicht gerade von dort aufgebrochen?

Mein Streifzug war weitgehend ungeplant – als ungefähres Ziel hatte ich anfangs die Country Music Hall of Fame vor Augen, erreichte sie aber erst, nachdem sie schon geschlossen hatte. Danach folge ich nur meiner Intuition, lasse mich von Grafittis zu einer Brücke leiten, sehe das Stadion zu meiner Linken, downtown zur Rechten, gönne mir auf einer Bank den Luxus, einfach nur in der Sonne zu sitzen und diversen Gedanken nachzuzängen. Als einige leichte Windböen plötzlich von weitem vertraut deutsche Worte herbeitragen, breche ich wieder auf, betreibe im Vorbeigehen Smalltalk mit einem local, den ich dank kräftigem Südstaatenakzent kaum verstehe. Überhaupt lächeln mir heute verdächtig viele Menschen zu – sogar ein police officer grüßt freundlich. Über die Bedienung im Hard Rock Cafe wundere ich mich dann aber doch. Wenn man die ehrwürdig-distanziert-desinteressierten Angestellten in den Wiener Kaffeehäusern gewohnt ist, muss man sich an gewisse Verhaltensweisen erst gewöhnen. Dass eine junge Frau in meinem Alter bei der Aufnahme der Bestellung plötzlich kaugummikauend mir gegenüber am Tisch sitzt, kann ich noch ungerührt zur Kenntnis nehmen – man kommt sich zumindest nicht ganz so von oben herab behandelt vor. Dass ich im weiteren Verlauf meines Aufenthaltes mit Baby und Sweetheart angesprochen werde und zwischendurch im Vorbeigehen bei der Frage, ob "everything o-kay with yah?" an der Schulter festgehalten werde, reißt mich dann doch etwas aus der stoischen Ruhe. Während die untergehende Sonne also erst die ohnehin roten Backsteinhäuser noch röter färbt, um ihre Wirkung später dann nur noch auf den höher gelegenen Glasfassaden zu entfalten, verschwindet erst ein Burger von meinem Teller, danach leert sich dann ein Cocktail – parallel dazu füllen sich einige Blätter im Tagebuch, sowie ein paar Postkarten. Wieder Muse, den vorher angerissenen Gedanken konsequent bis zum Ende zu folgen. Als ich schließlich aufbreche, werfe ich noch einen letzten Blick zurück, lasse die rote Schrift noch einmal ein Geisterbild auf meiner Netzhaut hinterlassen: "No drugs and nuclear weapons allowed..".

Planlos ziehe ich im elektrischen Halbdunkel weiter, bis ich aus den Augenwinkeln ein kirchenähnliches Gebäude sehe, eingerahmt von den beiderseits aufragenden Businesstürmen, im Hintergrund die übersättigten, tiefen Farbschattierungen eines Sonnenunterganges, der in den letzten Zügen liegt. Wieder einmal wundere ich mich über die Einsamkeit – die einzigen Menschen, die ich sehe, sitzen auf Parkbänken und folgen meinen scheinbar zielstrebigen Bewegungen über den weiten, mit Steinen ausgelegten Platz. Vorbei an erleuchtenden Springbrunnen, auf das Capitol zu, das auf seinem Hügel über allem thront. Davor eine Statue mit stechendem Blick, mit einem Schwur auf die Heimaterde – in der der Autor wie in einem warmen Schoß ruhen wollte. Sei's ihm vergönnt.
Bei der Umrundung des captiol hills offenbart sich unverhofft ein wundervolles Panorama – und die kleinen grünen Senkrechtstarter. Fireflies, die den Hang in ein unglaublich helles, geisterhaftes Feuerwerk tauchen, während die Skyline vor dem langsam ausglühenden Horizont ihre eigene Schönheit entfaltet. Womöglich einer der seltenen Momente, in denen die äußere Umgebung das Innere widerspiegelt: direkt unter und um mich die Natur, hinter mir die in himmelhoch Beton gegossene Lebensart, vor und unter mir ein Lichtermeer. Ein Bahnhof, ein Highway, traffic mit unzähligen Destinationen. Und doch muss ich mich irgendwann losreißen, zurückkehren, nach einer kleinen Ewigkeit. Alleine mit meinen unerreichbaren Irrlichtern, mit den fliehenden Gedanken. Zurück ins Hotel, eine Stunde lang auf fremden Pfaden durch die pulsierende Nacht der Großstadt, in Gedanken noch immer das grüne Blitzen vor Augen, ungleich faszinierender als die Lichter der Stadt, die achtlos die tiefschwarze Ewigkeit in das eintönige Korsett eines breiigen Graus zwingen.

17.6.06

I didn't get the...

Wie oft bin ich in den letzten Wochen aus einem Flugzeug getreten, habe den freundlichen Hinweis "mind the step" befolgt und bin durch die immer gleichen Tunnel in immer anderen Terminals gelandet? In Amsterdam, in New Amsterdam – pardon - New York, in Detroit, in Nashville, in Mineapolis, in Amsterdam, in Nairobi – aber nur die Mauer aus feuchtwarmer Luft, die sich in Dar außerhalb des Boing-Mikroklimas aufbaute, ließ mich unbewusst innehalten. Zuerst, weil ich beim ersten Einatmen etwas überrascht war, Momente später dann wegen eines Deja vues: der gleiche Rucksack, das gleiche Gate, nur gut drei Monate früher.
Die Rückreise hätte sich eigentlich fast keinen eigenen Eintrag verdient, irgendwann schleicht sich Routine in die Abläufe ein. Man vergisst beim Metalldetektor nichts mehr (Gürtel, Geldtasche, Handy, Passtasche, Armbanduhr), nimmt den Laptop schon ungefragt aus dem Rucksack, verschläft dann den Start und erkennt langsam Unterschiede zwischen den Mahlzeiten von KLM, Northwest, Kenya - und British Airways. Kleine Unregelmäßigkeiten im Ablauf nimmt man zur Kenntnis ("I didn't get your boarding pass from Nairobi to Dar, you'll probably have to check in again. But your luggage is checked through to Dar."), denkt aber nicht weiter darüber nach.
Etwa achtzehn Flugstunden und acht Zeitzonen später steht man dann spätabends etwas irritiert vor einer Anzeigetafel, die verdächtigerweise keinen Flug nach Dar anzeigt. Es ist 20:00 abends, nach einer Drittelweltreise sind wir noch 1,5 Flugstunden von Dar entfernt: Welcome to Nairobi Airport.

Nach kurzem Herumirren in der Transit Lounge findet sich der Transfer Desk der Kenyan Airways – und ein Angestellter, der ähnlich verwirrt auf seinen Monitor starrt wie wir vor einer halben Stunde. Mein E-Ticket zerfällt nach zehn Tagen regelmäßigem Ein- und Auspacken langsam, die wesentlichen Informationen lassen sich zum Glück aber immer noch herauslesen. Trotzdem: Nein, die Flugnummer gibt es nicht – und nein, heute gibt es keinen Flug nach Dar. Sorry.

Mit der Zeit wird das Problem langsam in seine Einzelteile zerlegt: der gebuchte Flug existiert tatsächlich, aber nicht im Juni/Juli. In diesen Monaten wird aus dem Freitagnacht- ein Samstagnachtflug, allerdings gab es einen Fehler im Buchungssystem. In den zwei Wochen seit der Buchung hat irgendwer die Unstimmigkeit tatsächlich entdeckt und uns umgebucht, brillianterweise auf den 17:00 Flug nach Dar. Mit einem kleinen Schönheitsfehler: der Flug aus Amsterdam landet erst gegen 19:30. Der erste Flug um 7:20 am nächsten Tag ist ausgebucht, der Mittagsflug ebenso – bleibt nur noch der 17:00 Termin. Ein ganzer Tag in Nairobi. Mir wird zu dem Zeitpunkt klar, dass ich eigentlich kein Visum für Kenya habe – was sich aber zum Glück für einige Dollar beheben lässt. Inzwischen sickert dann auch die Erkenntnis durch, dass unser Gepäck vermutlich auch irgendwo hängengeblieben ist, die Suche startet. Dass es etwa eine Stunde und einige Telefonate dauert, bis mein Rucksack und Fredros Tasche am Förderband landen, hat auch seine Vorteile: inzwischen ist ein höherer Manager aufgetaucht und bucht uns doch auf den Morgenflug um (ich will gar nicht wissen, wessen Plätze wir übernommen haben). Ein kurzer Anruf bei meinem Chef sorgt dafür, dass die Arrangements in Dar abgesagt werden –sowohl Taxi als auch das Hotel.
Als ich eine Etage tiefer meinen Rucksack aus der verdächtig dreckigen Übertasch schäle, fällt mir ein kleines Kärtchen entgegen – in den USA haben sie es für notwendig erachtet, meinen Rucksack zu öffnen. Höflich wird mir mitgeteilt, dass auch eventuelle Schlösser kein Hindernis gewesen wären – die hätten sie aufgebrochen. Eventuell gefährlicher oder sonstwie verdächtiger Inhalt wäre entfernt worden.
Gut, zugegebenermaßen: ich habe aufladbare Batterien gekauft, die man gerüchteweise nicht im Fluggepäck transportieren sollte – wohlwissen habe ich die dann aber so eingepackt, dass sie übermäßig sensiblen Sicherheitsleuten beim Öffnen der Tasche gleich entgegen fallen, ohne dass sie sich erst durch meine Schmutzwäsche wühlen müssen. Allerdings sind die Batterien noch da, genauso wie meine dreckigen Socken und (auf den ersten Blick) alles andere.


Nach dieser kurzen Bestandsaufnahme wandert der Blick wieder nach vorne: ich kann mir weniger beunruhigende Plätze als Nairobi vorstellen, um wieder afrikanischen Boden zu betreten, zu viele Geschichten sind mir schon zu Ohren gekommen. Einiges ist vermutlich übertrieben ("Mad Max Country, just like in Mad Max"), die Kriminalitätsrate ist aber wirklich relativ hoch– das "Touristen im Taxi ausrauben"-Spielchen scheint momentan überaus populär zu sein. Entsprechend misstrauisch beäuge ich die Versuche meines Reisepartners ein Taxi und ein Hotel zu buchen, beides geschieht bei einem netten Herrn im Anzug, in einer Bar gegenüber vom Flughafen. Unser "Agent".

Einige Minuten später haben wir dann ein Zimmer im Meridian sowie ein Taxi gebucht, das uns erst dorthin bringt und am nächsten Tag um 5:00 wieder abholen wird. Erster Vertrauenstest: der Agent taucht nach fünf Minuten tatsächlich mit dem Wechselgeld auf, auch das Taxi (weißes Auto ohne spezielle Markierungen? - hmm...) findet sich etwas später ein. Das Merdidian entpuppt sich als annehmbares Hotel – eher abweisende Lobby, ein sehr abweisender Innenhof, aber saubere und brauchbar eingerichtete Zimmer.
Gut vier Stunden später steht das Taxi schon wieder parat – und diesmal klappt alles wie am Schnürchen. Selbst mein nagelneues Residence Permit für Tansania wird ohne größere Diskussionen akzeptiert, ich brauche kein Visum mehr, etwas später heißt mich mein Chef wieder im Land willkommen.
Zeit für eine Dusche.

14.6.06

Vorschnelle Urteile

Es ist mir noch bei keinem Eintrag so schwer gefallen, einen brauchbaren Einstieg zu finden. Vielleicht, weil ich mich diesmal zwinge, etwas zu schreiben. Weil ich mit den letzten beiden Bildern nur an der Oberfläche gekratzt habe, weil ich damit etwas beschwöre, das nicht der Realität entspricht - oder von dem ich glaube, dass es falsch interpretiert wird, weil ich zuviel der eigenen Vorstellung überlasse. Das beiden Fotos von downtown beschreiben nur Nuancen des eigentlichen Themas - und sind bei weitem nicht so USA-zentrisch gemeint, wie man glauben könnte. Vermutlich sollte ich auch noch etwas mehr Zeit mit den Gedanken verbringen, sie etwas kreuz und quer durch die Gegend wälzen, um sie dann hier wirklich gezielt ausbreiten zu können, ohne Falten und Unebenheiten. Vielleicht aber auch nicht.
Es ist ein seltsames Gefühl, in den USA zu sein. Mit einer großzügigen travel allowance im Rücken, fast immer spendabel versorgt durch die jeweiligen Wissenschaftler - sei es mit einem Frühstück, von dem ich selbst in Österreich schwärmen würde, bis hin zu Abendessen in Restaurants, die eigentlich nur das Wort fancy verdienen. Mit Taxis durch die Gegend fahren, einen Sonntag Nachmittag in einer shopping mall verbringen, Abende mit live gespielter western music oder baseball matches füllen. Dazwischen? Doing science, mit Ideen herumspielen, über mögliche, zukünftige Experimente sprechen, die Arbeit der anderen sehen. Wie man Geräte baut, wie man bestimmte Probleme angehen kann, wie Lösungen ausschauen - und vielleicht tatsächlich ein paar gute Ideen einbringen. Immer wieder - nicht nur in den scheduled working sessions, sondern auch abends auf dem Heimweg, in den Wartezeiten, im commuter train nach New York - immer wieder fällt man von einem Thema ins nächste, lernt die anderen Teammitglieder besser kennen, vereinbart zukünftige Zusammenarbeit. Lernt lachend, lacht lernend - und stolpert unversehen über völlig neue, nützliche Sichtweisen.
Und dann sind da die Momente, in denen man.. falsch.. in denen ich daran erinnert werde, woher ich komme und wohin ich zurückkehre. Eine Reise, die alles in allem vermutlich etwas so viel gekostet hat, wie ich in einem Jahr in Wien verdiene. Hotels, in denen eine Nächtigung einem guten halben Jahreseinkommen in Ifakara entspricht - oder einem Jahr höhere Schulbildung. Menüs, deren Wert mich in Ifakara wochenlang gut essen lassen würde. Wieder einmal kein neues Wissen, selbst vor meiner Abreise nach Ifakara war mir das schon klar - und doch beobachte ich mich wieder einmal selbst, schaue mir auf die mentalen Finger. Was mache ich hier, wie gehe ich damit um?
Die traurige Wahrheit ist, dass ich es verdränge, dass ich den Gedanken nicht sehr nahe an mich heran lasse. Die USA, aber vermutlich auch Europa, sind für mich noch immer eine andere Welt, mit anderen Regeln und Werten, auf die ich scheinbar noch gut umschalten kann. Mein "junger" Kollege aus Kenya ist relativ erfolgreich dabei, mir einen Vergleichsmaßstab für mein Verhalten zu geben - mit interessanten Ergebnissen. Interessant genug, um mich grübeln zu lassen, trotz dichtem Programm.
Es ist faszinierend, die verschiedenen Erwartungen bezüglich der USA mit zu erleben - und auch die Resultate des reality checks. Ich war - und bin, soviel vorneweg - sehr positiv gestimmt hierher gekommen - und bin selbst auf dem Level nicht enttäuscht worden. Mich hat, insbesondere in den ersten Tagen immer ein Gedanke heimgesucht: es ist wie in Europa, wie in Österreich. Gepflegte Grünanlagen, Straßen, ruhiges Stadtleben, westliche Lebensart. Nur langsam, wenn überhaupt, sickern die Unterschiede durch. Vieles wirkt sauberer, Gebäude sind größer, der Stil ist anders - aber ich fühle mich völlig außerstande, diese Unterschiede in vollem Ausmaß zu erkennen - zu sehr hat sich die Ifakara-Brille schon über meine Wahrnehmung gelegt. Weniger auf dem Campus in New Haven, sehr wohl aber in New York wurde mir dann klar, dass es doch etwas anders ist: wenn das erste Auftauchen aus der Metro, aus den grünen Bezirken New Havens kommend, ausgerechnet in der Halle der Grand Central Station passiert, hält das Unterkiefer schon einmal für ein paar Sekundenbruchteile in seinem Kampf gegen die Gravitation inne. Dafür wandert der Kopf nach hinten und der Blick nach oben. Gewaltig ist wohl der einzige passende Ausdruck - ebenso für das Metropolitan Museum of Art und die restliche Downtown. Und doch - es ist eine Welt, in der ich mich mit fast schlafwandlerischer Sicherheit bewege, mich sofort wohl fühle. Selbst das Gedränge auf den Straßen ist kein Grund zur Unruhe, routiniert schlängle ich mich durch. Das klassische Bild vom Fisch im Wasser drängt sich auf - in Ifakara habe ich dagegen lange gebraucht, um mich dem auch nur anzunähern - und ich bin noch lange nicht am Ziel.
Das Bild vom Times Square könnte auch eines vom Stephansplatz sein, es würde keinen Unterschied machen. Die Kultur ist fast die gleiche, die Werte ähnlich - wenn man zur Abwechslung mal nicht den eigenen Standard anlegt. Und wenn man dann gleichauf liegt, sind die Menschen hier freundlicher und hilfsbereiter. Fast wie in Ifakara - und so überhaupt nicht wie in Wien.
Irgendwie ist und war der Trip hierher [ich sitze noch immer in Nashville] eine Art Rückkehr light, ein Eintauchen in die reiche Heimat auf Zeit, eine Generalprobe, um den Sitz des kulturellen Flickmäntelchens zu testen. Ergebnis? Nicht zufriedenstellend. Sechsundreißig Stunden Rückreise bis Dar geben mir hoffentlich genug Zeit zum Nachdenken.

13.6.06

Balance zwischen den Welten

Vor ein paar Tagen:


Ein paar Tage vor ein paar Tagen:

(image taken by Manuel)

8.6.06

Ein Echo zuviel

... Hotel Echo Mike India Echo Delta. Repeating, Sierra Charlie...

Nicht nur Piloten und Amateurfunker koennen dank ICAO international unmissverstaendlich buchstabieren, auch anderen Angestellten aus dem Dunstkreis des Reisebetriebs sind die kurzen Woerter gelauefig. Beispielsweise der zuvorkommenden Dame im Reisebuero in Dar, als sie per Telefon versucht, KLM zu erklaeren, dass sich in meinem Namen ein Tippfehler eingeschlichen hat. Einen Tag spaeter sitze ich wieder dort, da inzwischen mein kenyanischer Kollege nach siebzehn Stunden im Bus in Dar angekommen ist - und oh Wunder, auch sein Name ist nicht korrekt geschrieben. Wuerde man das normalerweise mit einem Schulterzucken quittieren und ansonsten ignorieren, fuehrt es in Verbindung mit Reisen in die USA zu kleineren Panikattacken - Customs & Border Control Officers, die auch schon einmal Minister inhaftieren, lassen sich vielleicht nicht mit einer einfachen Erklaerung abspeisen.
Einige Stunden spaeter verwandelt sich das E-Ticket am Flughafen in mehrere Boardingpaesse, die allerdings noch immer falsch beschriftet sind. Leichte Verunsicherung breitet sich aus, aber inzwischen ist es zu spaet. Nachdem sich kurzfristig auch noch herausgestellt hatte, dass die Route nicht ueber Dubai, sondern dank KLM ueber Amsterdam fuehren wuerde, und die USA-internen Huepfer ueber Detroit, Nashville und Minneapolis, war die Verwirrung ohnehin gross. Wie sagt man ein Treffen auf dem JFK Airport ab, wenn man keine Telefonnummer der Kollegin hat? Nachricht am Check-In hinterlassen? Nur wo ist der Delta-Schalter in Amsterdam?
Nach diesem kleinen unausgeschlafen-gestresstem Intermezzo in der Tulpenstadt steigt die Spannung auf dem zweiten 8h-Flug dann weiter an. Auf halben Weg werden die Zellulose-Smarties ausgeteilt - Immigration und Customs Papers in allen moeglichen Farben und Sprachen, fuer Leute mit und ohne Visa, zusammen mit aeusserst lehrreichen Videos. Ueber das Department for Homeland Security, ueber das EXIT Program (bei der Ausreise muss man an Automaten selbst seinen Pass und seine Fingerabdruecke scannen) und das richtige Ausfuellen der Zettel. Beim zweiten Anlauf klappt es dann auch.
Nach der Landung steigt die Spannung langsam - Regenwetter in Newark, die Aussicht auf dem Weg zur Immigration ist eher truebe. Die Einreise selbst ist dann unspektakulaer, schnell, freundlich und professionell - kurz im Pass blaettern, nach dem Ziel fragen, Zeigefinger scannen, die Webcam kurz neu ausrichten, alles abstempeln, fertig. Freundliches Willkommen, der Naechste bitte. Beim Kollegin laeuft es hier noch aehnlich flott, dafuer bleibt er dann bei der Gepaeckskontrolle etwas laenger haengen, ich werde einfach durchgewinkt, trotz Armeerucksack und eher nonkonformem Afrikaoutfik. Ein kurzer Versuch meinerseits, in seiner Naehe zu bleiben, falls Fragen auftauchen, wird unwirsch abgewiesen - get away, you are cleared. Zwischendurch schnuppert auch einmal ein niedlicher Beagel an meinem Rucksack, scheint den zwischengelagerten Tee & Kaffee allerdings nicht als Anlass zu nehmen, um Alarm zu schlagen. Ein kurzes Schwanzwedeln, dann verschwindet er mit seinem ebenfalls uniformierten Frauchen Richtung Gepaeckband.
Die restliche Anreise laesst sich mit einem einzigen Satz beschreiben: New York ist definitv die Stadt, in der ich als Besucher am freundlichsten begruesst wurde. Angefangen bei den Immigration Procedures am Flughafen, ueber die lachend-freundliche Frau am Ground Transportation Desk, bis hin zu den diversen Bahnangestellten: alle hilfsbereit und mehr als freundlich. Am Schalter: Zugverbindungen werden vorgeschlagen, die beste ausgewaehlt, kurzes Gespraech (trotz Schlange) ueber die verschiedenen Bahnsteige und wie man sich zurechtfindet, einige Hinweise zur Bezahlung und worauf wir beim Umsteigen achten sollten.
Wir schaffen es dann doch, auf der ersten Etappe (eine Station weit im Nahverkehr) im falschen Zug zu sitzen, der Schaffner weisst uns freundlich darauf hin, dass wir kein gueltiges Ticket haben (Amtrak vs. was-auch-immer), belaesst es aber dabei. Beim Umsteigen taucht er dann wieder am Bahnsteig auf, fragt nochmal nach unseren Tickets, erklaert uns ganz gemuetlich die weitere Reiseplanung, verabschiedet sich dann.
Ein paar Minuten spaeter, im Warteraum, taucht dann schon der naechste, leicht ergraute Bahnbedienstete auf, wieder ein kurzes Gespraech, Tipps, wohin wir muessen - nicht aufdringlich, einfach nur hilfsbereit. Waehrend ich dann darueber nachdenke, ob mir mein 20oz (580ml) Cola "black cherry vanilla" wirklich schmeckt, faehrt auch schon der Zug nach New Haven ein, der richtige.
Zehn Minuten spaeter schlafe ich, bekomme von den zwei Stunden im Zug nichts mit - nach insgesamt vierundzwanzig Stunden Reisen und Schlafentzug landen wir dann im Hotel. Ortszeit Tanzania: spaet nachts. Ortszeit Ostkueste: spaeter Nachmittag.

3.6.06

hüpf, hüpf, hüpf

Früher als erwartet kehre ich Ifakara den Rücken zu, verlasse still und heimlich nachts die Stadt. Wieder einmal werde ich den Zug besteigen, frühmorgens, um 320km später nach Monaten wieder einmal in einer Großstadt stehen. Kurzes Atemholen, dann zum großen Sprung ansetzen und Momente später 4000km weiter im Norden kurz aufkommen, festen Stand suchen. Dann einen "Willhem Tell" reißen: trotz 11000km hoffentlich kein schweres Unterfangen. Noch einmal 100km, dann ist es vollbracht und die Reise vom ebenerdigen Entomology-Bungalow in den wolkenkratzenden Biology Tower einer efeuumrankten Uni endet. Ein umgedrehter Homo Faber?
Tage später wieder eine Station zurück hüpfen, danach in den Südwesten springen, Richtung Country Music. Wieviel verändern 1300km? Nochmals einige Tage innehalten, dann in den eigenen Fußabdrücken zurückkehren. Soweit die Theorie...

Kleines Safari-Swahili

Zur Einstimmung auf ein paar "Northern Circuit"-Beiträge folgt als erstes eine relativ umfangreiche Mugshot-Gallerie. Die Bilder sind nicht sonderlich kreativ – aber es ist der einfachste Weg, um einmal zu demonstrieren, womit ein Reisender in den örtlichen Nationalparks rechnen kann. Und damit auch etwas Wissenswertes transportiert wird, sind die jeweiligen Tiernamen gleich dreisprachig aufgeführt. Extra für euch. Have fun!


Duma - Cheetah - Acinonyx jubatus



Nyumbu - Wildebeest - Connochaetes taurinus


Kiboko - Hippopotamus - Hippopotamus amphibius


Swala Tomi - Thomson's Gazelle - Gazella thomsonii


Simba - Lion - Panthera leo



Kifaru - Black Rhinoceros - Diceros bicomis


Tembo - Elephant - Loxodonta africana


Twiga - Giraffe - Giraffa camelopardalis


Nyani - Baboon - Papio anubis


Mbuni - Ostrich - Struthio camelius


Ndege karani - Secretary Bird - Sagittarius serpentarius


Punda milia - Zebra - Equus burchelli


Mbobo - Buffalo - Syncerus caffer


Kongoni - Hartebeest - Alcelaphus buselaphus



diverse Gazellen




Heroe - Flamingo - Phoenicopterus


gesehen, aber nicht erfolgreich abgelichtet:

Fisi - Spotted Hyena - Crocuta crocuta

Mbwa mwitu - Wild Dog - Lacaon pictus
Ngiri - Warthog -Phacochoerus aethiopicus
Ndege nuru - Marabou Stork - Leptoptilos crumeniferus